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Business Trends
Author's profile photo Thomas Jenewein

Agiles Lernen in Zeiten von Digitalisierung und zunehmender Komplexität

Anm.: Der Artikel stammt initial aus 2015. Auch heute ist das AWort weiterhin ein Dauerbrenner – daher habe ich am Ende des Artikels & in den Referenzen etwas geupdated.

Unternehmen in fast allen Branchen müssen agiler werden – einer der Haupttreiber ist die zunehmende Komplexität und Digitalisierung. Sonst droht eine “Disruption” der Branche – was im Verlags- und Musikgeschäft schon länger passierte passiert derzeit in anderen Branchen wie im Transportbereich – so haben deutsche Autoriesen plötzlich Angst vor Google. Um solchen Änderungen zu schnell antworten zu können, müssen hierarchisch organisierte Unternehmen agiler werden. Anbei eine Auflistung wie sich Kriterien der Arbeit ändern müssen. 

Kritierien der Arbeit

Hierarchische Welt

Agile Welt

Aufgabensicherheit

Hoch

Niedrig

Dynamik

Gering

Hoch

Führungsrolle

Boss

Partner/Coach

Autonomie

Gering (Top-Down)

Hoch (Bottom-Up)

Kooperation

Keine

Vernetzte Teams

Abhängigkeit

Hoch

Gering

Mitarbeiter tragen mehr Eigenverantwortung, arbeiten in Teams an Aufgaben mit geringer Ergebnis- und Prozesssicherheit mit hoher Dynamik.  Das bedeutet für Manager eher eine Rolle des Partner, Befähiger & Coach  – anstatt der Rolle des „Herrschers und Boss“.

Manager können nicht mehr Spezialisten in jedem Bereich sein, sie müssen als Generalisten eher moderieren und coachen. In der Lean-Production hat z.B. Toyota gezeigt dass mit der regelmäßigen kontinuierlichen Verbesserung Agilität möglich ist. Im Software Bereich, wo früher im “Wasserfall” Modell komplexe Designs entwickelt wurden, haben sich auch iterative agile Projekt-Methoden wie SCRUM durchgesetzt. Das Agile Manifest das ursprünglich aus der Softwareentwicklung kommt hat z.B. folgende Regeln:

  • Menschen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
  • Funktionierende Software ist wichtiger als umfassende Dokumentation.
  • Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als die ursprünglich formulierten Leistungsbeschreibungen.
  • Eingehen auf Veränderungen ist wichtiger als Festhalten an einem Plan.

Im Bereich Design-und Innovation hat sich die Design Thinking Methode mehr und mehr durchgesetzt. Sie arbeitet mit Kreativitäts- und Moderations Methoden – beinhaltet jedoch auch einige neue Elemente wie schnelle Protoypisierung oder Personas.

Was können Personalentwickler und Trainer tun um Unternehmen mehr in Richtung Agilität zu bewegen?

Hier gibt es drei Dimensionen.

  • Eine ist Darwinismus – sprich darauf zu bauen, dass sich die agilsten Mitarbeiter selbst durchsetzen.
  • Die zweite Dimension ist „Zentrale Planung & Verantwortung à la “Personal-Planwirtschaft“ mit Programmen und Standardprozessen und ist derzeit immer noch en vogue.
  • Das Ziel ist jedoch sich mehr der dritten Dimension zu öffnen – mehr Eigenverantwortung und Befähigung – und damit Mitarbeiter wie Erwachsene zu behandeln.

Im Compliance Training Bereich ist sicher weiterhin ein starrer Prozess wichtig – von dem Abgleich von Soll- mit Ist-Qualifikationen bis zur Kontrolle.

Für mehr Agilität in anderen Bereichen sollte jedoch dem informellen Lernen viel mehr Gewicht geschenkt werden – sei es sozial mit und von anderen, zeitlich & örtlich bedarfsgerecht oder als Teil der Arbeit. Konkret können folgende Maßnahmen vorgeschlagen werden.

 

Förderung agiler Kompetenzen

Reaktionsfähigkeit, Proaktivität, Schnelligkeit, Flexibilität, Beziehungsfähigkeit, Qualität, Innovation, Kosteneffizienz, Zuverlässigkeit, Strategische Visionsfähigkeit, Technologieeinsatzfähigkeit

Förderung agiler Werte

Mut, Fokus, Respekt, Offenheit, Commitment, Vertrauen

Vernetzung

Dazu helfen  beispielsweise Communities – welche sicher firmenintern mit ESN Lösungen sehr gut abbildbar sind. Der Wandel im Wissensmanagement muss von Collect-Ansätzen (= ablegen von Dokumenten) – in Connect-Ansätze gehen (Vernetzen mit Hilfe sozialer Medien).  HR muss das ermöglichen und Mitarbeiter dazu befähigen.

Einfacher Zugang zu ausgewählten externen Inhalten – Kuratierung

Moocs (Coursera, Udacity, EdX, Iversity, openSAP) und andere offene kostenlose Lerninhalte (TED, iTunes, MIT) gilt es zu recherchieren, auszuwählen und Mitarbeitern einfach zugänglich anzubieten. Nicht alles muss Firmenintern neu erstellt werden – ein Wissensbrokering ist jedoch nötig um Zeit zu sparen und Qualität zu sichern.

on-the-Job Lernen

 Konkrete Hilfen wie Arbeitsanweisungen bis hin zu Lernprojekten, Labs, Hackathons, Rotationsprogramme oder Shadowing sind hier Beispiele. Digitale Assistenten und alles rund um Performance Support & Workplace Learning geben hier zudem neue Umsetzungsmöglichkeit. Mehr Infos dazu im Artikel ” Lernen bei Bedarf und im Kontext mit digitalen Assistenten: Performance Support anstatt Training”. Oft macht seperates Lernen keinen Sinn – am meisten Lernt man eh durch das konkrete Tun.

Bedarfsgerechtes Lernen

Prozess-Assistenten, Performance Support, mobile Zugänge können Lernen ermöglichen wann es benötigt ist – schon seit Ebbinghaus wissen wir dass nach 2 Tagen 70% des gelerntes vergessen ist. Nachfrageorientierte Lernwelten müssen Mitarbeitern offen zugänglich sein, damit sie immer bei Bedarf lernen können.

Komplexität reduzieren durch Analytics & Dashboards

Automatisierte Analysen in Echtzeit können Entscheidungshilfen bieten und mehr unabhängigkeit von zentralen Prozessen

Agile Methoden einsetzen und Mitarbeiter darin weiterbilden

Beispielsweise der  Kursentwicklungsprozess kann mit SCRUM Methoden viel effektiver und kundenorientiert  durchgeführt werden. Neben der eigenen Selbsterfahrung gilt es alle Mitarbeiter in agilen Methoden fit zu machen. In agilen Organisationen müssen Mitarbeiter ständig Feedback einholen, z.B. was durch Methoden wie SCRUM oder Design Thinking institutionalisiert werden kann. Dies wird durch die Feedback-Forschung belegt: Feedback auf der Prozessebene ist am effektivsten.

Prozesse Vereinfachen & Veränderungen des Wandels begleiten

Am Ende des Tages ist ein Wandel hin zu mehr Agilität für fast alle Unternehmen auch ein kultureller Wandel. Hier gilt es zu analysieren, wo eine Organisation jetzt steht bzgl. Agilität und wo sie hin will. Dann kann HR coachen und befähigen, sowie auch Impulse von extern holen. Einbeziehung der Mitarbeiter, Offenheit auch für abwegig erscheinende Lösungsvorschläge und radikales Hinterfragen und Reflektieren der Ist-Situation in Ruhe abseits des daily business sind weitere Vorschläge für eine Unterstützung des Wandels. Loslassen und eigene Prozesse & Instrumente eliminieren ist sicher die schwerste Übung. Wozu benötigen wir z.B. Freigabe Prozesse oder interne Kostenverrechnung für Schulung wenn wir auf Vertrauen Selbstorganisation bauen wollen? Speziell Manager müssen in Ihrer neuen Rolle gecoacht werden.

Fazit: der Artikel wurde Mitte 2015 geschrieben. Wenn ich darauf zurückschaue würde ich noch folgendes ergänzen:

Neben Flexibilisierung, Collaboration, Lernen durch Tun + Erfahrung (Labs/ Design Thinking/ MVPs/ Hackathons/ Canvas …) ist für mich v.a. auch die Berücksichtigung des physischen Raums zentral im Sinne von Möglichkeit zur Kollaboration/ Ausprobieren/ Experimentieren + Rückzug.

Daneben auch das Thema des Mindsets – im Sinne von Weiterentwicklung von Werten, Kultur etc. Nur die Einführung von Scrum, Kanban oder Design Thinking bringt keinen nachhaltigen Wandel – die entsprechenden Werte müssen sich auch entwickeln. Dies ist wohl der schwerste Bereich, da dies länger dauert und nicht delegierbar ist. 

 

TLDR (Too Long – Did not read) 

Firmen und Personalbereiche müssen agiler werden. HR kann dabei die Einführung agiler Methoden unterstützen, sowie Eigenverantwortung, Vernetzung oder informelles Lernen fördern.

Literatur und weitere Quellen

Introduction to Design Thinking

Introducing Agile Software Engineering in development

Podcast: Agiles HR & Lernen 

Artikel von mir auf LinkedIn, z.B. zu Machine Learning, Performance Support etc.

Top 10 Tools des digitalen Lernens & Persönlichen Wissensmanagement (Slideshare)

John Kotter:  Accelerate –  Building Strategic Agility for a Faster-Moving World.

Was agile Methoden zum Erfolgsfaktor macht (SAPNews 2015): Studie & Hintergründe zu agilen Methoden

Design Thinking in Action  – Kategorie der SAPinfo mit verschiedenen Artikeln, Interviews, Case Studies zu Design Thinking.

Steve Denning (2015, Forbes online): Why do managers hate agile 

Prof. S. Fischer, HS Pforzheim: Die Zukunft des Management ist Agil. Blog, 2015

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